G.G. von Bülow
Schriftstellerin / Writer

DIE DREI VON DER TANKSTELLE

Oder

Erfolg, Erfolg – das ist das Beste, was es gibt auf der Welt...

(Landesliteraturtage Sachsen-Anhalt in Haldensleben 2009)

Nicht nur aus der Sicht des Stars Lilian Harvey soll der Ufa–Film DIE DREI VON DER TANKSTELLE ihr erster großer Erfolg werden. Die parodistische Filmoperette, die mehr Musical–Charakter hat als das, was sich heute oft so nennt, soll zum größten Kassenschlager der Spielzeit l930/3l überhaupt werden. Wie meistens auch im Leben, so hat auch im Kino der Erfolg mehrere Väter. Allen voran: der Ufa–Produktionschef Erich Pommer, Leiter der größten Filmproduktionsgruppe. Er möchte den klischeehaften Operettenstil nicht mehr fortsetzen; ihm schwebt etwas Zeitnahes vor, etwas aus dem Alltag. Da kommt ihm das Filmexpose des Drehbuchautors Franz Schulz, dem "Meister der leichten Hand", und dessen Co–Autor Paul Frank auf den Tisch. Pommer liest die paar Seiten und - er ist begeistert! Das ist genau sein Stoff: Drei junge Leute machen sich in der Wirtschaftskrise 1929 selbständig. Franz Schulz und Paul Frank werden mit dem Drehbuch beauftragt. Dieses Drehbuch, das die beiden schreiben, ruft bei Lilian Harvey helle Begeisterung hervor: "Als Erich Pommer mir das Manuskript von den DREI VON DER TANKSTELLE in die Hand drückte, dachte ich nur neugierig: Was werden uns diese beiden Drehbuchautoren beschert haben? Ich kann Ihnen heute schon verraten (Deutsche Tageszeitung vom l4.9.l930) - es war das lustigste Drehbuch, das ich je gelesen habe..." Lustig! - und das mitten im Wirtschaftsflauten–Alltag von l930 mit 4,4 Millionen Arbeitslosen. (Man könnte heute meinen, wir sprechen vom Jahr 2009!) Doch genau das wollte Erich Pommer: die Menschen von ihrer Misere ablenken, ihnen wenigstens ein paar heitere Stunden gönnen. Der erfolgreiche Ufa–Regisseur Wilhelm Thiele erklärt zur Konzeption des Films: "Es galt, ganz neue Momente zu gewinnen... Mit der Einführung des tänzerischen Elements in die Tonfilmoperette haben wir versucht, das gesamte Geschehen des Films musikalisch– rhythmisch aufzulösen... Gesang, Musik, Bewegung stehen im Dienste der Gesamtkomposition." Dieser Ufa–Film hat seinen Ruhm nicht zuletzt seinen Darstellern zu verdanken: Dem "Traumpaar" Lilian Harvey und Willy Fritsch sowie Oskar Karlweis und einem ungemein komödiantischen Heinz Rühmann, der hier als künftiger Star seinen Durchbruch schafft. Mit der Unterzeichnung seines Ufa–Vertrages wurde Rühmann auch bei Lloyd's in London versichert. Den Fragebogen muß er wohl als sehr komisch empfunden haben, denn zu der Frage: "Ist Ihnen ein Umstand bekannt, der Sie bei der Ausübung Ihrer Tätigkeit hindert?" schreibt Rühmann kess: "Saufen." Offenbar kannte Lloyd's diesen Ausdruck nicht und fragt zurück: "Was ist das, bitte, Saufen?" Die Ufa empfahl Lloyd's, dieses Wort ersatzlos zu streichen und vor allem möglichst schnell zu vergessen... Unvergessen hingegen blieb Heinz Rühmann als einer der DREI VON DER TANKSTELLE. Sein Stern ging auf. Zu einer weiteren Erfolgssäule wird die unbeschwerte Musik des Komponisten Werner Richard Heymann zu den Texten von Robert Gilbert, Lieder, die dem Film den unverwechselbaren Ton geben und zu Evergreens werden wie "Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt..." Die Premiere der DREI VON DER TANKSTELLE am 15. September 1930 im Gloria–Palast, dem luxuriösen Großkino an der Gedächtniskirche in Berlin, ließ alle Beteiligten wohl den Siegeszug ihres Films erahnen. Nicht erahnen aber konnten oder wollten sie den Siegeszug Adolf Hitlers und seiner "belächelten Sekte", der genau einen Tag zuvor begonnen hatte, nämlich am 14. September 1930, als Hitlers Partei bei der Wahl zum Reichstag 107 Sitze errang. Na, wenn schon! Aktuell war jetzt der Tonfilm, der den Stummfilm abgelöst hatte. Und Franz Schulz sollte nach seiner bereits erfolgreichen Stummfilmzeit als Komödienautor comme il faut jetzt zum gefragtesten Drehbuchautor der Tonfilmära werden. Bis 1933... Ausgerechnet der unübertroffene Kassenschlager aber DIE DREI VON TANKSTELLE wird am l. Oktober 1937 von der Filmprüfstelle in Deutschland verboten .Vermutlich muß jemand bemerkt haben, wer da inzwischen längst emigriert war– seit 1933. Nicht nur der Produktionschef Erich Pommer, nicht nur der Regisseur Wilhelm Thiele, nicht nur der Komponist Werner Richard Heymann, auch sein Freund, sein guter Freund Franz Schulz waren in Hollywood gelandet. Im Exil. (zitiert nach G.G.von Bülow: "Franz Schulz. Ein Autor zwischen Prag und Hollywood". Eine Biographie, Prag l997)

 

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